Keine Minute des Ausruhens

Lateinamerikas Linke sucht bei Forum von Sao Paulo nach Konzepten gegen rechte Offensive.

Am Sonntag (Ortszeit) ging in San Salvador das 22. Treffen des Forum von Sao Paulo zu Ende. Gesucht hat die lateinamerikanische Linke auf dem Gipfel vor allem nach gemeinsamen Strategien zur Abwehr der imperialistischen Gegenoffensive in der Region. Seit Donnerstag hatten mehr als 500 Delegierte von 103 progressiven Parteien und Organisationen Lateinamerikas und der Karibik sowie Gäste aus Europa, Asien, Afrika und den USA in der Hauptstadt El Salvadors über Konzepte zur Stärkung der fortschrittlichen Kräfte auf dem Kontinent diskutiert. Das auf Initiative des kubanischen Revolutionsführers Fidel Castro und des brasilianischen Gewerkschaftsführers und späteren Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva 1990 gegründete Forum gilt als bedeutendste Plattform der Linken auf dem amerikanischen Kontinent.

Angesichts der seit Jahren heftigsten Angriffe auf die Integrationsprozesse in Lateinamerika forderte José Ramón Balaguer, Chef der Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas (PCC), die Debatten zielgerichtet zu führen. »Die Aufgabe des Forums von Sao Paulo besteht darin, die Einheit der linken Parteien herzustellen, um die Offensive der Rechten und des Imperialismus gegen die revolutionären Prozesse zu stoppen«, erklärte er. Rodrigo Cabezas, Vertreter der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV), forderte dazu auf, selbst in die Offensive zu gehen. Er wies darauf hin, dass es in der Auseinandersetzung mit den Konservativen nicht um einen ideologischen Streit, sondern um die konkreten Lebensbedingungen der Menschen gehe. »Die Rechten und die Imperialisten haben den Völkern Lateinamerikas außer ihren neoliberalen Konzepten nichts anzubieten«, sagte Cabezas. »Neoliberalismus bedeutet mehr Armut, den Abbau staatlicher Leistungen, den Verlust der Souveränität und die Übereignung der Natur an transnationale Konzerne.« Dies sei für die Völker Lateinamerikas keine Option. Der Ausweg aus der Krise vieler Länder bestünde dagegen in der Schaffung von gerechteren Gesellschaften, dem Abbau von Armut und Ungleichheit sowie starken, souveränen Staaten, die die natürlichen Ressourcen ihrer Länder und die Interessen der Bürger gegenüber den Multis verteidigten.

»Doch das ist genau das, was die Rechte nicht akzeptiert, nämlich dass linke Regierungen soziale Gerechtigkeit herstellen wollen«, erklärte El Salvadors Präsident Salvador Sánchez Cerén vor mehr als 5.000 Zuhörern auf einer öffentlichen Veranstaltung zum Abschluss des Forums am Sonntag. Mit Hinweis auf die erfolgreichen Putsche der Rechten in Honduras und Paraguay sagte er, genau das gleiche stünde jetzt in Brasilien, Venezuela und auch in El Salvador auf ihrem Programm. Die Teilnehmer des Forums hatten zuvor das in Havanna unterzeichnete Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung und den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC-EP) als Beispiel für die positive Rolle der progressiven Regierungen gewürdigt. Nach 50 Jahren Krieg sei durch Vermittlung der kubanischen Regierung und des früheren venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez ein Prozess eingeleitet worden, der endlich die Chance zum Frieden biete.

Vor dem Abschlussplenum am Sonntag waren zahlreiche Themen in gesonderten Workshops diskutiert worden. Große Beachtung fand dabei das Problem der Migration aus den Ländern des Südens in den Norden. Immer mehr Menschen in Lateinamerika flöhen vor Armut, Gewalt, sozialer Ungleichheit und fehlenden Bildungschancen, also den Folgen der neoliberalen Konzepte, aus ihren Ländern.

Anlässlich des bevorstehenden 90. Geburtstag Fidel Castros am 13. August würdigten Teilnehmer, Gäste und Besucher des Forums am Sonntag das Wirken des kubanischen Revolutionsführers, der die Plattform der Linken mit ins Leben gerufen hatte. Der Comandante en Jefe habe die Ideen von Simón Bolívar und José Martí auf dem Kontinent verwirklicht, sagte Balaguer. Heute bestätige sich aufs neue auch Fidels ständige Mahnung, dass es »keine einzige Minute des Ausruhens geben dürfe, solange der Imperialismus besteht«, erklärte Balaguer vor mehreren tausend Zuhörern, die seine Rede immer wieder mit lauten »Fidel! Fidel!« Rufen begleiteten.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

junge Welt


Dieser Artikel wurde ermöglicht
durch die Abonnnentinen und Abonennenten
der jungen Welt
Dein Abo fehlt

Volker Hermsdorf
Junge Welt, 28.06.2016