Radiosendung am 13.5.2020 zwischen 17.00 und 18.00 Uhr

Alberto Granado für Radio Revolution auf Radio Z, auf FM 95,8, Nürnberg

Hola companeras y companeros, ich bedanke mich für die Einladung und die Möglichkeit hier zur Situation in Kuba sprechen zu können.

Ich bin überzeugt, daß es zum Verständnis notwendig ist, eingangs einige wenige Sätze zum Unterschied 3. Welt / 1. Welt oder Entwicklungsland / reiche westliche Länder zu sagen.

Dazu nehmen wir das Beispiel Kuba.

Kuba wurde 1492 nicht von Christoph Kolumbus "entdeckt", sondern die Spanier sind auf ihrer Suche nach Handelswegen und Rohstoffen, besonders Gold, unter anderem auch in Kuba eingefallen.

Sie haben dort den Urwald gerodet und die wertvollen Tropenhölzer für den Schiffsbau verwendet oder verbrannt. Dann haben sie Zuckerrohr-Plantagen angelegt. Zuvor gab es gar keinen Zucker in Kuba. Die Spanier haben also eine Monokultur etabliert und aus Kuba eine "Zuckerinsel" gemacht. Die Indígenas, die Einheimischen, haben sie versklavt, durch eingeschleppte Krankheiten dezimiert und schließlich durch die Arbeit auf den Zuckerrohrfeldern nahezu ausgerottet. Nachdem sie die Wirtschaft also allein auf die Interessen Spaniens zugerichtet hatten, haben sie einen Völkermord begangen. Weil sie jetzt keine Arbeiter mehr für die harte Arbeit auf den Zuckerrohr-Plantagen hatten, haben sie eineinhalb Millionen Sklaven aus Afrika über den Atlantik gebracht. Ein Drittel davon war bereits tot, bevor es den Arbeitsplatz erreichte.

Ende des 19. Jahrhunderts haben dann die USA die Macht in Kuba übernommen und das Land in ein Bordell umgewandelt. Massenarbeitslosigkeit, Analphabetismus, Krankheit, extreme Armut, Hunger und natürlich Rassismus bestimmten das Leben für das kubanische Volk.

Die Mafia regierte bis sich am 1.1.1959 alles änderte.

Das ist Kolonialismus. Ein Beispiel für Kolonialismus. Die reichen Länder waren niemals Kolonien. Sie waren die Kolonialherren. Die Revolutionäre mußten das ganze Land in Kuba aufbauen und hatten die mächtigsten Länder gegen sich.

Aber: Kuba erzielt seit dem Triumph der Revolution solche Erfolge, derart gute Resultate, daß wir immer wieder dazu neigen, das Entwicklungsland Kuba auf eine Ebene mit den imperialistischen Ländern zu stellen. Die Lebenserwartung in Kuba entspricht europäischen Standards, die Geburtensterblichkeit in Kuba ist geringer als in den USA, auf etwa 300 Personen kommt durchschnittlich ein Familienarzt, Analpabetismus gibt es nicht mehr, gefährliche ansteckende Krankheiten wurden ausgerottet usw. usf.

Verglichen mit den Ländern der Region und mit anderen Entwicklungsländern spielt Kuba in einer völlig anderen Liga. Dennoch kann Kuba nach 500 Jahren Kolonialismus wirtschaftlich, politisch, militärisch, kulturell usw. nicht mit den reichen westlichen Ländern, sondern muß mit den Entwicklungsländern verglichen werden.

Und damit nähern wir uns dem Thema: Was die NATO-Länder an Kuba hassen, ist die die Emanzipation, die Souveranität. Kuba entzieht sich der brutalen Ausbeutung und stellt seit Jahrzehnten eigene Werte in den Mittelpunkt. Auch und gerade in schwierigen Zeiten.

Musik

Es würde hier völlig den Rahmen sprengen, aufzuzählen, wann und wie Kuba anderen Ländern geholfen, gleichzeitig aber auch Sozial- und Bildungsmaßnahmen, Gesundheits- und Erziehungsprogramme in Kuba selbst realisiert hat.

Es ist bekannt, daß Kuba entscheidend an der Befreiung Angolas und der Niederlage des Apartheid-Systems mitgewirkt hat.

Kuba hat die lateinamerikanische Integration maßgeblich gefördert, sodaß Raúl Castro Lateinamerika und die Karibik zur Zona de Paz, zur Friedenszone, ausrufen und zur Schließung ausländischer Militärbasen, also US-Militärbasen, aufrufen konnte.

Kuba hat tausende Kinder aus der Ukraine nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl stationär aufgenommen, behandelt, gepflegt und versorgt.

Kuba hat jahrelang tausende afrikanische Studenten aus Entwicklungsländern aufgenommen und zu Ärzten ausgebildet.

Kuba hat mit der Operación Milagro hunderttausende von Augenoperationen in Lateinamerika durchgeführt und den Patienten, überwiegend armen Menschen, das Sehen wieder möglich gemacht.

Kuba hat mit dem Alphabetisierungsprogramm "Yo, sí puedo", das von der UNO anerkannt und gewürdigt wurde, in zahlreichen Ländern geholfen.

Die intensivste Hilfe in Afrika gegen Ebola hat Kuba geleistet.

Bereits vor dem schweren Erdbeben in Haití haben dort kubanische Ärzte gearbeitet. Kuba hat nach der Katastrophe mit Abstand das meiste medizinische Personal gestellt. Es gab hunderttausende Tote und zahllose Verletzte zu beklagen. Die USA haben damals ein Kriegsschiff und Soldaten geschickt.

Wir könnten mit dieser Aufzählung noch lange fortfahren, z.B. Batalla de Ideas, ein umfassendes Bildungs- und Ausbildungsprogramm in Kuba, oder das anspruchsvolle Umweltschutzprogramm im Rahmen der Agenda 21.

Aktuell erscheint Kuba aber in den Medien durch den Einsatz der Henry-Reeve-Brigaden, die derzeit in 22 Ländern mit medizinischem Personal arbeiten und allein in Südafrika mit über 200 Ärzten und Fachkräften präsent sind.

Kuba ist darüberhinaus mit Internationalisten in erheblich mehr Ländern aktiv. Die 22 Länder, in denen es um Covid 19 geht, in Europa, Lateinamerika und Afrika, sind auf der Karte unter dem #cubasalva abgebildet.

Musik

Es verblüfft immer wieder, wenn wir uns diese Einsätze des Entwicklungslandes Kuba bewußt machen. Kuba rettet Leben.

Die BRD ist ein materiell reiches Land. Die BRD zeichnet sich als "Exportweltmeister" aus. Was steht an erster Stelle ? Rüstungsexporte. An wen ? Tatsächlich an die größten Verbrecher auf diesem Planeten, an Regime, die an Menschenverachtung alle anderen Staaten in den Schatten stellen. Auch jetzt während der Corona-Pandemie werden unverändert Waffen und Rüstungsgüter exportiert. Die Rüstungsindustrie erhöht sogar ihre Gewinne (siehe junge Welt vom 6.5.2020).

Dieser schreiende Widerspruch, besser: Gegensatz, muß immer wieder dargestellt werden.

122 Staaten haben bei den Vereinten Nationen den Vertrag beschlossen, den Besitz, die Stationierung und Drohung mit Atomwaffen zu verbieten. Die BRD boykottiert den Beitritt.

Die Kriegsministerin bestellt gerade US-amerikanische F 18-Bomber, gerade aus dem Grund, weil sie Atombomben zum Einsatz bringen können.

Die BRD und die reichen europäischen Länder erklären sich bereit, ein Dutzend Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtlinge aus der Hölle der griechischen Lager einreißen zu lassen. Das ist lächerlich und bis heute sind selbst das nur Absichtserklärungen.

Ein britisches Kreuzfahrtschiff mit Corona-Virus-Infizierten wurde von den Bahamas und Barbados abgewiesen. Überglücklich haben sich die Passagiere bedankt, als sie in Kuba unbürokratisch anlegen durften und ausgeflogen werden konnten.

Die BRD bezahlt Erdogan, damit er fanatische Söldner in den libyschen Bürgerkrieg und auf syrisches Gebiet schicken kann. Den Krieg trägt nicht Kuba in diese Welt, sondern die NATO-Staaten. Es sind auch keine kubanischen Folterlager in Guantanamo, in Abu Ghraib, Bagram, Osteuropa usw. usw.

Kuba hat auch nicht über eine Million Iraker massakriert, weil dort angeblich chemische Waffen produziert würden. Die BRD hat damals keine Kampftruppen in den Irak gesendet. Sie hat wesentliche logistische Unterstützung geleistet. Oberst Klein hat in Afganistan 150 Zivilisten töten lassen. Er wurde inzwischen zum General befördert. Hätte er 150 Deutsche ins Flammenmeer geschickt, darunter Frauen und Kinder, dann wäre er sicher nicht zum General der Bundeswehr ernannt worden. Und damit bestätigt sich einmal mehr der erste Teil dieser Sendung: Entwicklungsländer können nicht mit den reichen westlichen Ländern verglichen werden. Oder wie Ho Chi Minh sagt: "Zehn Tote in Europa sind eine Katastrophe. Tausend Tote in Asien sind eine Nachricht."

Aber –wie eingangs bereits gesagt-: die Würde und Emanzipation, das Beispiel Kubas erregt den Haß und die Aggression der reichen westlichen Länder. Seit sechzig Jahren gibt es die völkerrechtswidrige Blockade Kubas. Diese Blockade kostet das Entwicklungsland Kuba nicht nur Unsummen an Devisen, sondern auch ungezählte Menschenleben. Hilfen und Spenden sind gut und notwendig. Wenn aber kein Treibstoff ins Land kommt, wenn keine medizinischen Geräte und Medikamente geliefert und keine Ersatzteile importiert werden können, ist auch das beste Gesundheitssystem machtlos.

Der kubanische Präsident Miguel Diaz-Canel hat schon am 21.9.2019 zusammengefaßt: "… alle sieben Tage ein "Anziehen der Schraube" um unsere Wirtschaft zu ersticken.

Kreuzfahrten, Flüge, Überweisungen, medizinische Dienstleistungen, Finanzierungen, Treibstofftransporte und Versicherungen wurden abgesagt, eingeschränkt oder verboten. Es gibt keinen Bereich, der von der Jagd, der Belagerung, der Verfolgung ausgenommen wäre. Es gibt auch kein revolutionäres Projekt oder Handeln, das der Diffamierung entgeht."

Schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie mußte der Schulunterricht in Kuba wegen des Treibstoffmangels für einige Woche entfallen. Das ist nicht einmal aus der periodo especial Anfang der 90er Jahre bekannt. Nun treffen die Maßnahmen gegen das Covid 19-Virus Kuba zusätzlich hart. Der Tourismus ist eine bedeutende Einnahmequelle und er wurde inzwischen völlig eingestellt.

Jetzt haben die USA die Lieferung von Beatmungsgeräten an Kuba vereitelt. Auch der Import von medizinischen Stoffen und Gesichtsmasken wurde durch die USA unterbunden.

Das ist die Blockade und sie kostet Menschenleben. Eine Blockade wenden die USA auch gegen andere Länder wie Syrien und Iran an. Im Irak hat die Blockade 500.000 Kindern das Leben gekostet bevor die US-Army mit dem Überfall und der Besetzung des Landes den Blutzoll so gesteigert hat, daß es heute kaum eine irakische Familie gibt, die nicht tote oder schwerverletzte Angehörige zu beklagen hätte.

In Kuba gibt es dagegen heute kaum eine Familie, die keine Verwandten auf internationalistischer Mission im Einsatz hatte oder hat oder solche Internationalisten gut kennt.

Wir haben Vorschläge und Empfehlungen. Deshalb solltet Ihr Euch während des nächsten Musikstücks Stift und Papier bereitlegen.

Musik

Wenn ich in Kuba bin, spüre ich förmlich, wie die 24-Stunden-Propaganda akustisch, visuell, total, "Geiz ist geil", "Kauf Dich tot" usw. plötzlich wegfällt. Es gibt relativ wenig Werbung.

Es existiert aber eine Kultur der Plakate. Wenn man vom Flughafen in die Stadt fährt, passiert man etwa ein großes Plakat mit den Sätzen "Heute nacht schlafen 200 Millionen Kinder auf den Straßen der Welt. Keines kommt aus Kuba."

Ein anderes großes Plakat lautet "25 000 Kinder sterben jeden Tag an kurierbaren Krankheiten. Keines ist kubanisch."

Kuba ist kein Paradies. Es gibt tausende Probleme und die Verhältnisse in dem Entwicklungsland sind oft unglaublich schwierig. Tatsächlich habe ich aber niemals Straßenkinder in Kuba gesehen. In allen anderen lateinamerikanischen Ländern sind Kinder, die auf der Straße leben, ein fester Bestandteil der gesellschaftlichen Realität.

Ich habe in Kuba aber Internationalisten getroffen. Kunststück. Es gibt Zehntausende, vermutlich Hunderttausende, die Missionen im Ausland, gewöhnlich über zwei Jahre, erfüllt haben. Und ?, frage ich. Warum seid ihr nicht dort geblieben, in den Ländern, in denen der Reichtum angeboten wird ? Die Antwort war stets ähnlich: Für immer in diesen Ländern ? Niemals. Häufig mußten die Kubaner in ihren Einsatzgebieten um 18.00 Uhr zuhause sein. Warum ? Einfach weil es tatsächlich gefährlich war, weil dort Leute erschossen oder entführt werden. Weil es Überfälle gibt. Weil die Situation so komplett verschieden zu der alltäglichen Situation in Kuba ist. In Kuba kann man immer, auch nachts um 24.00 Uhr überall hingehen. Möglicherweise ist es stockdunkel. Apagón. Stromausfall. Dann fragen aber spontan die Anwohner, ob sie helfen können. Das ist normal.

In Kuba tragen die Kinder Schuluniform. Sie haben keine Angst. Sie werden einen sicheren Ausbildungsplatz und Arbeitsplatz bekommen und später mit ihrer eigenen Familie in einer Wohnung oder einem Haus leben. Für ein Entwicklungsland sind solche Verhältnisse unerhört, vermutlich einmalig auf diesem Planten.

Und das ist auch der Grund, warum die Hunderttausenden von gut ausgebildeten Kubanern nach ihren Auslandseinsätzen wieder zurückkehren.

Das ist aber auch der Grund, warum die NATO-Länder Kuba hassen und mit der Blockade erwürgen wollen.

In Worten lehnen die reichen europäischen Länder die US-Blockade gegen Kuba ab, in Taten sind sie Komplizen. Die Propaganda gegen Kuba ist unerträglich. Die BRD und ihre Konzerne und Banken beugen sich den Strafen und Drohungen des Pentagon. In Worten verurteilen sie das menschen- und völkerrechtswidrige Aushungern, in Taten wirken sie mit. Keine Überweisungen an Kuba, kein Treibstoff, viele Produkte werden nicht nach Kuba exportiert, auch medizinische Mittel und Geräte nicht.

Zwischen der Universität und dem Plaza de la Revolución steht ebenfalls ein Plakat mit einer Henkerschlinge. Der Text dazu lautet: "Blockade - der längste Völkermord der Geschichte".

Die kubanische Regierung, das kubanische Volk und die internationale Solidaritätsbewegung haben die Rückkehr der fünf in US-Knästen, teils in Isolation eingekerkerten Patrioten erkämpft. Einer der vielen starken Erfolge einer langen gemeinsamen Kampagne und des Internationalismus. Gemeinsam werden wir auch die Blockade brechen und die Auflösung des Folterlagers bei Guantanamo und die Rückgabe dieses Gebiets an das kubanische Volk erreichen.

Hasta la victoria (im Chor:) siempre !

Musik

Die meisten Informationen aus diesem Beitrag stammen aus den netzwerk-cuba-nachrichten, ncn@netzwerk-cuba.de, aus der Cuba Libre, Zeitschrift der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. und natürlich aus der Tageszeitung junge Welt.

Die netzwerk-cuba-nachrichten sind gratis. Sie können einfach bestellt werden und werden als mail zugesendet. Die netzwerk-cuba-nachrichten sind sehr informativ, gut lesbar, aktuell. Wir empfehlen sie unbedingt.

Die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. ist die älteste Solidaritätsorganisation in der BRD mit Kuba. Sie steht in engem Kontakt mit dem kubanischen ICAP und informiert authentisch. Die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba e.V. organisiert in der BRD die Teilnahme an der jährlichen Brigade José Martí. Ich habe an dieser Brigade nicht fünfmal teilgenommen, weil sie so langweilig ist. Die Brigade José Martí ist ein beeindruckendes Erlebnis und wahrscheinlich die informativste Art und Weise Kuba kennenzulernen. Wir empfehlen den Beitritt in die Freundschaftsgesellschaft. Die Freundschaftsgesellschaft initiiert und unterstützt zahlreiche, verschiedenste Spendenprojekte.

Die Corona-Auszeit ist eine gute Zeit, um eine gelungene Kuba-Reise zu planen und vorzubereiten.

Zu allen diesen Themen gibt es weitere detaillierte Informationen von Alberto Granado über Radio Revolución. Auch das ICAP, das in diesem Jahr seinen sechzigsten Geburtstag feiert, unsere Ansprechpartner in Kuba, bietet verschiedenste Reisen, auch Themen- oder Schwerpunktreisen, und eben die Brigaden an.

Viva la revolución ! (im Chorus): Viva !

Radio Z, auf FM 95,8, Nürnberg
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