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Brasilien ohne Ärzte

Ohne kubanische Unterstützung leiden vor allem die Ärmsten unter mangelnder Gesundheitsversorgung.

Brasiliens künftiger Präsident Jair Bolsonaro setzt bereits vor seinem Amtsantritt am 1. Januar 2019 sein ruinöses Konzept für das größte und bevölkerungsreichste Land Südamerikas um. Seitdem der bekennende Faschist das zwischen Brasilien und Kuba 2013 vereinbarte Programm »Mais Médicos« in Frage gestellt und damit faktisch aufgekündigt hat, steht das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch. Nach Beendigung des unter der Regierung von Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei PT ins Leben gerufenen staatlichen Sozialprogramms müssen mehr als 8.300 kubanische Ärzte bis zum 10. Dezember das Land verlassen. Die Folgen sind verheerend, vor allem für den ärmeren Teil der Bevölkerung. Wie die Bolsonaro freundlich gesonnene rechtskonservative brasilianische Tageszeitung O Globo am Freitag einräumte, herrscht bereits in 19 Bundesstaaten und mindestens 285 Städten Ärztemangel.

»Das ist eine Katastrophe«, zitierte die kolumbianische Tageszeitung El Tiempo die 65jährige Enedina de Oliveira aus der südlich der Hauptstadt Brasília gelegenen Gemeinde Alexania. Die Rentnerin beklagte, dass mit dem jungen Kubaner Miguel Pantoja, der zwei Jahre lang die medizinische Versorgung der überwiegend armen Bevölkerung sichergestellt hatte, jetzt der einzige Arzt der Gesundheitsstation des Ortes gehen musste. In zahlreichen anderen Städten bilden sich vor allem in den Armenvierteln lange Schlangen vor den völlig unterbesetzten Gesundheitsposten.

Brasiliens konservativer Gesundheitsminister Gilberto Occhi versucht mittlerweile, die protestierenden Bürger mit dem Versprechen zu besänftigen, dass die kubanischen Mediziner schnellstmöglich durch andere ersetzt werden sollen. Ein Ersatz der Ärzte aus Kuba sei rein mathematisch jedoch unmöglich, erklärte Allyson Silva Lima, Bürgermeister von Alexania, gegenüber AFP. Durch die Aussetzung von »Mais Médicos« könnten bald 30 Millionen Brasilianer ohne medizinische Versorgung sein. Carlos Siqueira, Vorsitzender der sozialdemokratischen Partido Socialista Brasileño (PSB), machte gegenüber der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina den »künftigen Präsidenten für die sich anbahnende Tragödie« verantwortlich.

»Wir werden die Kubaner aus Brasilien hinauswerfen«, hatte Bolsonaro bereits im August im Wahlkampf angekündigt. Das Programm »Mais Médicos« verschiebe »Millionen unseres Geldes an die Diktatur in Kuba«, die dadurch »ihre Agenten in unserem Land unterhalten kann, während unsere eigenen Ärzte sich verlassen fühlen und schlechte Arbeitsbedingungen vorfinden«, begründete er seine Attacke. Die Strategie der Kampagne hatte Bolsonaro laut der brasilianischen Zeitschrift Carta Capital und dem Onlineportal Los Ángeles Press seit März in mehreren geheimen Zusammenkünften mit dem ultrarechten republikanischen US-Senator Marco Rubio entworfen.

Wie der guatemaltekische Journalist und frühere Aufklärer des kubanischen Geheimdienstes Percy Francisco Alvarado Godoy am Mittwoch voriger Woche in seinem Blog »Descubriendo Verdades« berichtete, waren auch der frühere CIA-Direktor und derzeitige US-Außenminister Michael Pompeo in die Überlegungen eingeweiht. Der Ausstieg aus dem Programm werde von der US-Botschaft in Brasília und den Konsulaten der Vereinigten Staaten in acht weiteren Städten begleitet, schreibt Godoy. Der gemeinsam mit US-Diensten entwickelten Konzeption entsprechend, hatte Bolsonaro zunächst die Qualifikation der kubanischen Mediziner in Zweifel gezogen und angekündigt, dass die Ärzte sich erneuten Prüfungen unterziehen müssten. Zudem forderte er, die Mediziner direkt zu bezahlen, statt das Geld – wie mit der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation vereinbart – über ein staatliches Kooperationsprogramm nach Kuba zu überweisen.

Bolsonaro sprach von »Sklaverei«, da die kubanische Regierung nur 30 Prozent (rund 900 US-Dollar) des von Brasilien bezahlten Gehalts an die Ärzte auszahlt. Der Rest fließt in das kubanische Gesundheitssystem, das für die Bevölkerung der Insel kostenlos ist, und wird auch zur Finanzierung von medizinischen Hilfseinsätzen in Ländern des globalen Südens verwendet. Nach den verbalen Ausfällen des Faschisten beschloss das kubanische Gesundheitsministerium am 14. November, das medizinische Personal auch zu dessen eigenem Schutz aus Brasilien abzuziehen.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Volker Hermsdorf
junge Welt, 28.11.2018