Hilfe von der roten Insel

Seit Jahren hilft Kuba bei Gesundheitsversorgung und Alphabetisierungsprogramm Haitis

Die heftigen Kämpfe in Haiti halten seit bald einem Monat an. Auf der einen Seite agieren bewaffnete Banden, ehemalige Militärs und Teile der politischen Opposition, auf der anderen die Polizei des umstrittenen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide, unterstützt von ebenso gewalttätigen Banden, die dem Staatsoberhaupt – noch – die Treue halten. Leidtragend ist wie so oft in erster Linie die Zivilbevölkerung: Knapp 2,5 Millionen Haitianer sind wegen Straßenblockaden mittlerweile von jeglicher Versorgung abgeschnitten. In den Norden gelangen kaum noch Benzin, Medikamente oder andere Güter.

Umgekehrt ist die Versorgung der Hauptstadt mit landwirtschaftlichen Produkten aus dieser Region unterbrochen. Inzwischen warnt die UNO vor einer unmittelbar bevorstehenden »menschlichen Tragödie«.

Schon vor dieser Zuspitzung war die soziale Lage in Haiti, dem ärmsten Land Amerikas, dramatisch. Von den 8,5 Millionen Einwohnern leben laut Weltbank 80 Prozent in extremer Armut, 76 Prozent der Kinder unter fünf Jahren leiden an Unterernährung. Neun von zehn AIDS-Kranken in der Karibik stammen aus Haiti, auf 10.000 Menschen kommt gerade mal ein Arzt. An diesen Zuständen sind in erster Linie jahrzehntelange Diktaturen und korrupte Familienclans schuld, die Haiti hemmungslos ausbeuteten und keinen Cent zum Wohl des Landes investierten. Die Unfähigkeit des Präsidenten und einstigen Hoffnungsträgers der Armen, Aristide, die Wirtschaft voranzubringen, verschlimmerte die Lage ebenso wie das Drängen in erster Linie der USA auf Privatisierungen und eine neoliberale Politik in dem Karibikstaat. In dem Maße, in dem Aristide im Ausland an Unterstützung verlor, wurden auch internationale Hilfen und längst zugesagte Kredite für das verarmte Land blockiert.

Neben humanitären Organisationen ist es lediglich das sozialistische Kuba, das Hilfe im Kampf gegen die Armut in Haiti bereitstellt. Eine nur 70 Kilometer breite Meerenge trennt die beiden Staaten, die allein schon wegen der geringen Distanz seit jeher enge Beziehungen pflegen. Allerdings folgte der Machtübernahme Fidel Castros 1959 und einem ebenso kurzen wie erfolglosen Versuch kubanischer Guerilleros, auch in Haiti die Diktatur zu stürzen, eine »Sendepause« von gut 30 Jahren.

1996 normalisierten sich die Beziehungen wieder, die mittlerweile über gute Nachbarschaft hinausgehen. Den wichtigsten Beitrag leistet Kuba im medizinischen Bereich: Knapp 600 kubanische Fachärzte arbeiten in Haiti und betreuen fast drei Viertel der Bevölkerung. Die rund 2.000 haitianischen Ärzte können dies nicht leisten, weil 90 Prozent von ihnen nicht bereit sind, die Hauptstadt zu verlassen. Die kubanischen Ärzte kommen für einen Zeitraum von jeweils zwei oder drei Jahren nach Haiti; sie bekommen von Kuba lediglich die Reisekosten und von der haitianischen Regierung gerade mal umgerechnet 100 US-Dollar im Monat bezahlt. Trotz der harten Bedingungen sind solche Auslandsaufenthalte, die Kuba auch nach Guatemala oder Venezuela organisiert, für viele Kubaner ein attraktives Angebot.

»Wenn die Menschen ins Krankenhaus kommen, fragen sie nach kubanischen Ärzten, weil sie sich bei ihnen in guten Händen wissen«, berichtet der haitianische Finanzminister Faubert Gustave. »Ich glaube, viele Menschen wären gestorben, wenn die Kubaner nicht hier wären.«

Auch im Bereich der Alphabetisierung leistet Kuba Entwicklungshilfe. Mittels einer innovativen Methode, bei der Lesen und Schreiben in Radioprogrammen gelehrt wird, ist es kubanischen Spezialisten und den einheimischen Helfern gelungen, in nur einem Jahr 109.000 Haitianer zu alphabetisieren. »Wir sind sehr zufrieden, denn in Ländern wie Haiti sind bereits viele Alphabetisierungsmethoden fehlgeschlagen«, resümierte der kubanische Programmleiter Fernando Fernández. »Wie in Nikaragua oder Venezuela, wo eine ähnliche Methode angewandt wird, diktieren wir nicht das Vorgehen. Es geht vielmehr darum, die Haitianer zu befähigen, ihren Landsleuten mit Hilfe des Radios Lesen und Schreiben beizubringen«, so Fernández.

Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

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Larry Luxner / Roberto Roa
Junge Welt, 01.03.2004