Solidarität mit Kuba – up-to-date wie 1974

Bundesdelegiertenkonferenz 2016 der FG BRD-Kuba.

Seit nunmehr 42 Jahren zeigt die Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba Solidarität mit der sozialistischen Karibikinsel und wirbt für bessere Beziehungen zwischen beiden Staaten. Unsere 41. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz am 12. und 13. November 2016 in Frankfurt am Main vermittelte einen Eindruck davon, dass die älteste Kuba-Solidaritätsorganisation Deutschlands dennoch keinesfalls zum alten Eisen zählt.

Petra Wegener, seit Frühjahr 2015 Bundesvorsitzende unserer Organisation, konnte knapp zwei Dutzend Delegierte aus den Regionalgruppen und einige Gäste begrüßen. Der ehemalige DDR-Botschafter in Kuba, Heinz Langer, dessen Analysen diese Zeitschrift Ausgabe für Ausgabe bereichern, sandte ein Grußwort an die Versammlung. Ein weiterer Gruß kam von der Tageszeitung junge Welt, mit der die FG eine freundschaftliche und erfolgreiche Zusammenarbeit verbindet. Zuletzt hatte sich dies in der Plakataktion zum 90. Geburtstag von Fidel Castro im August 2016 ausgedrückt.

Andere compañeros fehlen uns. Mit einer Schweigeminute nahm die Konferenz Abschied von unserem im April 2016 verstorbenen Mitglied Heinz W. Hammer aus Essen, der über lange Jahre die FG mit geprägt hat.

Aus den Berichten über die Arbeit des Bundesvorstands in den letzten Monaten ging hervor, dass unsere Organisation in den vergangenen Monaten viel Energie aufgebracht hat, um neue Handlungsfähigkeit zu entwickeln und einige Schwächen der Vergangenheit aufzuarbeiten. Nach dieser Phase der Zurückgewinnung organisatorischer Handlungsfähigkeit hofft der Vorstand nun, sich verstärkt politischen Projekten zuwenden zu können.

Das Flagschiff unserer Organisation ist das vierteljährlich erscheinende Magazin Cuba Libre, welches in einer hochwertigen gestalterischen Form Hintergrundinformationen über Kuba anbietet, zum Teil von Kuba-Experten in der BRD geschrieben, zum Teil von in Kuba lebenden Autoren verfasst. (So gut denken wir von uns selbst, der geneigte Leser prüfe und urteile.) Chefredakteurin Marion Leonhardt lobte besonders die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung Unsere Zeit, die der Cuba Libre seit Frühjahr 2016 beim Layout unter die Arme greift, insbesondere in Person des Fotografen und Layouters Tom Brenner. In der Cuba Libre steckt noch viel Potential, und wir wollen weiter daran arbeiten, noch besser zu werden.

Die zweite regelmäßige Veröffentlichung der Freundschaftsgesellschaft, die Cuba kompakt, bringt ungebrochen einmal im Monat frisch ins Deutsche übersetzte Nachrichten aus Kuba. Auch die FG ist mittlerweile in den sozialen Netzwerken aktiv: Über Twitter, Facebook und vor allem über die Seite www.fgbrdkuba.de werden nicht nur aktuelle Informationen und Veranstaltungsankündigungen geteilt, auch das umfangreiche Archiv, von Michael Quander stetig erweitert, ist beeindruckend. Unglaublicherweise wurden seit 2015 1,6 Millionen Seitenzugriffe im Internet gezählt, was das ungebrochene Interesse dokumentiert, welches in der Bundesrepublik an der Kuba-Solidarität besteht. Die FG vermittelt weiterhin politische Reisen nach Kuba und die Teilnahme an der jährlichen Arbeitsbrigade "José Martí". Eine andere Form des Reisens für eine jüngere Zielgruppe stellt das "Proyecto Tamara Bunke" dar, das es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglicht, ein halbes Jahr an der Technischen Hochschule von Havanna zu verbringen. Dieses Projekt, von der Freundschaftsgesellschaft an der Seite der SDAJ durchgeführt, eröffnet uns neue Möglichkeiten, junge Menschen für die Kuba-Solidarität zu gewinnen.

Die Mitgliedergewinnung war auch Gegenstand eines kleinen Workshops am Sonntagmorgen. Im Mittelpunkt standen zwei Fragen: Was erwarten wir von unseren Mitgliedern? Und: Was können wir ihnen bieten? Die Überlegungen dazu sind noch nicht abgeschlossen und werden auf der nächsten BDK, die voraussichtlich im Herbst 2017 stattfinden wird, fortgesetzt. (Nichtsdestotrotz dürfen die Leserinnen und Leser der Cuba Libre selbstverständlich bereits vorher in die FG BRD-Kuba eintreten – siehe den Coupon auf der dritten Umschlagseite dieser Ausgabe.)

Eines der Highlights der Veranstaltung waren sicherlich die Ausführungen des kubanischen Botschaftssekretärs Alberto Berbes Sainz de la Torre, der unserer Organisation im Namen Kubas für die geleistete Solidarität dankte. Kuba nehme diese Solidarität gerne an, aber gäbe sie auch weiter, so Alberto. Zehntausende Ärzte auf Auslandsmissionen in Ländern des Südens zeugen davon.

Alberto Berbes Sainz de la Torre

Herzliche Begegnung mit dem kubanischen Botschaftssekretär Alberto Berbes Sainz de la Torre
Foto: Tom Brenner


Der Erfolg Kubas vor der UN-Generalversammlung, die kürzlich bei Enthaltungen der USA und Israels die Blockade Kubas erstmals einstimmig verurteilte, sei nicht zu unterschätzen, so Alberto Berbes. An der Praxis der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade habe dies bislang allerdings wenig verändert. Gleiches gelte für die Erklärungen des US-Präsidenten, weshalb Kuba im Kampf gegen die Blockade ungebrochen auf die Solidaritätsbewegung setze. Die Idee, Kubas großes militärisches Herbstmanöver "Bastion" sei eine Reaktion auf den Wahlsieg des Reaktionärs Trump, wies der kubanische Diplomat allerdings schmunzelnd zurück. Das Manöver würde alle zwei bis vier Jahre wiederholt, und der diesjährige Termin sei über ein halbes Jahr vor dem Wahltermin in den USA festgelegt worden, so Alberto Beres. Kuba werde auch weiterhin mit allen Regierungen sprechen, die dazu bereit sind, immer vorausgesetzt, die Prinzipien der kubanischen Außenpolitik blieben dabei gewahrt.


Mit großem Interesse verfolgten die Delegierten den Bericht über die Auswirkungen des VII. Parteitag der KP Kubas im April 2016. Auf dem Parteitag der PCC wurden bekanntlich zwei wichtige Dokumente behandelt: Die Konzeption des Sozialismus in Kuba und der Entwicklungsplan des Landes bis 2030. Es war beeindruckend zu erfahren, dass dem Zusammentreffen der Delegierten ein gesellschaftlicher Diskussionsprozess folgte, in dessen Verlauf 30.000 Änderungsvorschläge für die Sozialismuskonzeption und 11.000 für den Entwicklungsplan angebracht wurden. Die Vorschläge wurden dann im Herbst 2016 in die Dokumente eingearbeitet und Ende 2016 der Kubanischen Nationalversammlung zur Abstimmung vorgelegt. Ein Beispiel für die lebendige Demokratie im sozialistischen Kuba, ganz konträr zum Wahltheater à la USA. Die Delegierten erfuhren ferner, dass sich die kubanisch-deutschen Beziehungen zumindest auf wirtschaftlicher Ebene möglicherweise entwickeln könnten. Kuba ist daran gelegen, mit deutschen Unternehmen Geschäfte im Bereich der Biotechnologien zu machen und Rohstoffe zur Herstellung von Düngemitteln zu kaufen. Auch landwirtschaftliche Technologien, wie etwa im Bereich der Bewässerungstechnik, sind von Interesse. Diese könnten eine Rolle in Kubas Vorhaben spielen, den Anteil der landwirtschaftlichen Produktion am BIP von derzeit 3,8 auf 5,6 Prozent anzuheben. Dies wiederum hängt mit der Verfügbarkeit von Arbeitskräften in ländlichen Gebieten und letzten Endes mit dem gesellschaftlichen Lohnniveau zusammen, war zu erfahren. Ziel sei es, über die perspektivische Anhebung des Reallohnniveaus allen Kubanern ein "wohlhabendes" Leben zu ermöglichen. Alberto Berbes erläuterte auf Nachfrage, dass im kubanischen Sprachgebrauch darunter ein sinnvolles, würdiges Leben verstanden wird, zu dem auch die Befriedigung von Bedürfnissen gehört, nicht aber ein Konsumfetisch.

Bekanntlich sieht das Aktualisierungsprogramm für die kubanische Wirtschaft vor, die private Gründung von kleinen und mittleren Unternehmen zu fördern. Die Existenz privatwirtschaftlicher Betriebe mit abhängig Beschäftigten stellt wiederum die Gewerkschaften vor neue Herausforderungen. Alberto erklärte, es sei Ziel, in jedem Betrieb, gerade auch in den privaten Unternehmen, eine Gewerkschaftsorganisation zu etablieren. Dazu gäbe es gute Erfahrungen, wenn auch die Verbreitung noch Wünsche offen ließe. Um einiges klüger, verabschiedeten die Delegierten Alberto Berbes mit einem herzlichen Applaus.

Nach intensiver Antragsdebatte beschloss die Bundesdelegiertenkonferenz am Sonntag die Durchführung von zwei Vorhaben. Dabei handelt es sich zum einen um eine Kampagne für die vermehrte Verbreitung der deutschen Ausgabe der Zeitung Granma Internacional bei der deutschen Leserschaft. Unsere Freundschaftsgesellschaft hatte einst einen großen Beitrag dazu geleitet, dass in Havanna der Beschluss gefasst wurde, die Granma Internacional auch auf Deutsch herauszugeben. Jetzt hat die junge Welt den Druck und Vertrieb der deutschen Ausgabe übernommen, muss aber die Auflage entscheidend steigern. Wir wollen diesen Schritt unterstützen, indem wir 100 Abonnements dazu beitragen. Jede Regionalgruppe ist aufgefordert, fünf neue Abos zu zeichnen und die Granma Internacional verstärkt bei ihren Aktivitäten zu vertreiben. (Hier gilt dasselbe wie im Falle der Mitgliedschaft: Entschlossenen kann sofort geholfen werden, Coupon: hier.)

Delegierte Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba

Gruppenfoto nach einer erfolgreichen BDK
Foto: Tom Brenner


Der zweite Beschluss betraf die Kubatournee von Esther Bejarano und Band im Januar 2017 (siehe Beitrag in dieser Cuba Libre). Die Delegierten entschieden einstimmig, Spenden für die Realisierung des Vorhabens, dem eine öffentliche Förderung verwehrt blieb, zu sammeln.

Kurzum: Die 42. Bundesdelegiertenkonferenz hat nicht nur daran erinnert, dass Solidarität mit Kuba mehr denn je das Gebot der Stunde ist. Sie hat auch gezeigt, dass diese Solidarität machbar ist, wenn man gemeinsame Ziele setzt.







CUBA LIBRE Tobias Kriele

CUBA LIBRE 1-2017